Bilanz Staatsanwaltschaft
Starker Anstieg bei häuslicher Gewalt

- Staatsanwalt Hans Christian Schmitz, Leitende Oberstaatsanwältin Iris Janke und Oberstaatsanwalt Kai Stoffregen (v. l.)
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Ortenau Die Staatsanwaltschaft Offenburg hat in einem Pressegespräch für das Jahr 2024 eine gemischte Bilanz gezogen. Zwar sank die Zahl der Ermittlungsverfahren von 25.700 Fällen im Jahr 2023 leicht auf 25.300 im Jahr 2024. Derzeit steigen die Zahlen jedoch wieder an. So gab es im ersten Jahresdrittel bereits rund 8.700 Verfahrenseingänge. Der Anteil der Tatverdächtigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit betrug nach Auskunft der Staatsanwaltschaft 2024 rund 43 Prozent. Ausländerrechtliche Verfahren sind hier nicht eingerechnet.
Nach Abschluss der Ermittlungen wurden 2024 gegen etwas mehr als 3.700 Beschuldigte Anklagen und Strafbefehle wegen eines hinreichenden Tatverdachts erhoben oder beantragt.
Während es im Jahr 2024 im Landgerichtsbezirk Offenburg kein vorsätzliches Tötungsdelikt gab, kam es Anfang Februar 2025 zu einem vollendeten vorsätzlichen Tötungsdelikt, bei dem der 42-jährige Tatverdächtige eine Psychotherapeutin in der Offenburger Innenstadt mit Messerstichen ums Leben gebracht haben soll. Die 37-Jährige war im fünften Monat schwanger. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Mordes erhoben.
Mehr Körperverletzungen
Die Tendenz bei den vorsätzlichen Körperverletzungen ist weiter ansteigend. Während es im Jahr 2022 noch 1.659 und im Jahr 2023 1.769 Fälle gab, waren es im vergangenen Jahr 1.811 Fälle. Bemerkenswert ist der Anstieg bei häuslicher Gewalt, so die leitende Oberstaatsanwältin, Iris Janke. Es stiegen die Zahlen von 400 Verfahren im Jahr 2022 auf 667 im Jahr 2024. Dabei handelt es sich um Körperverletzungen, Bedrohungen, Beleidigungen, Stalking und Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz.
Häusliche Gewalt kommt in allen Bevölkerungsgruppen vor, so Janke weiter. 80 Prozent der Opfer sind Frauen. Nach ihrer Einschätzung zeugt die gestiegene Verfahrenszahl auch von einem geänderten Bewusstsein, so dass häufiger Anzeige erstattet wird. Besorgniserregend ist der Anstieg bei Sicherungsverfahren, so die Staatsanwältin weiter. Sie erfolgen, wenn von schuldunfähigen Beschuldigten die Gefahr erheblicher Straftaten ausgeht. Dabei handelt es sich vorwiegend um Gewalt- und Bedrohungsdelikte sowie Brandstiftungen, aber auch um Nötigung und Nachstellung. Während es 2022 vier solcher Falle gab, waren es 2023 neun und im vergangenen Jahr 14 Verfahren. Im ersten Quartal 2025 gab es bereits fünf Fälle. Meist sind es Männer mit schweren psychiatrischen Krankheitsbildern, die bis zur Tat unbehandelt blieben. Auch die Verfahren bei politisch motivierten Straftaten sind kontinuierlich angestiegen. Waren es 2023 noch 91 Fälle, so gab es im vergangenen Jahr 189 Anzeigen. Hierzu zählen auch verbale Ausfälle gegenüber Personen des öffentlichen Lebens.
Kinderpornografie
Die Zahl der Verfahren wegen Besitzes oder Weitergabe von kinderpornografischen Inhalten ist gesunken, von 400 Verfahren 2023 auf 263 Neuanzeigen 2024. Ein Grund ist, dass ein erheblicher Teil der Ermittlungen nicht mehr in Offenburg, sondern vom Cybercrime Zentrum Baden-Württemberg übernommen wird. Bemerkenswert hoch ist der Anteil an Brandsachen. 2024 gab es im Bezirk 72 Brände, die untersucht wurden. In 60 Fällen wurde wegen Brandstiftung ermittelt.
Haus des Jugendrechts
Oberstaatsanwalt Kai Stoffregen warf im Pressegespräch auch einen Blick auf Konzepte, mit denen Straftaten wirkungsvoll bekämpft werden können. Er verwies auf die Eröffnung des Hauses des Jugendrechts in Lahr am 12. Mai 2025. Staatsanwaltschaft, Polizei und Mitarbeiter der Jugendhilfe arbeiten dort eng zusammen, um auf Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden wirkungsvoll reagieren zu können. Mit dem Haus des Jugendrechts in Offenburg und Lahr gibt es nun zwei Einrichtungen dieser Art im Landgerichtsbezirk, landesweit einmalig, so der Oberstaatsanwalt. In Kehl ist eine dritte Einrichtung dieser Art geplant.
Seit dem vergangenen Jahr ist die Bearbeitung der schweren Verkehrsstraftaten auf ein Dezernat konzentriert. Hierunter fallen Unfälle mit tödlichen oder schweren Verletzungsfolgen sowie Straftatbestände wie Nötigungen oder gefährliche Eingriffe in Straßenverkehr.
Diese neue Handhabung führt zu einer effektiven Strafverfolgung, berichtet der Oberstaatsanwalt.
Messer
Bei dem Pressegespräch stellte Stoffregen heraus, dass Gewaltdelikte mit Messereinsatz sowie schwere Raubtaten und Bandendiebstahl konsequent verfolgt werden. In jedem Einzelfall wird geprüft, ob eine Untersuchungshaft beantragt werden kann.
Die Staatsanwaltschaft hat auf ihrer Pressekonferenz über besondere Fälle informiert. Demnach hat sie Anklage gegen zwei Männer wegen Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung in Offenburg erhoben.
Weiter teilte sie mit, dass das Landgericht in dem Prozess nach einer Geiselnahme mit schwerer Vergewaltigung in Steinach im Kinzigtal den Angeklagten im Dezember 2024 zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt hat.
Betrugsfälle
Beschäftigt ist die Staatsanwaltschaft auch mit vermehrt vorkommenden Betrugsfällen. Demnach prellten falsche Bankmitarbeiter oder falsche Polizisten vorwiegend ältere Menschen. Sie überredeten diese zur Herausgabe ihrer Ersparnisse. In einer Betrugsserie wurden drei Tatverdächtige angeklagt. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Mann festgenommen, der als sogenannter "Abholer" zwei Betrugstaten begangen haben soll. Der Mann gilt mutmaßlich als Mitglied eines grenzüberschreitenden Betrugsrings. Hier dauern die Ermittlungen an.
Ein weiteres Deliktsfeld sind Geldautomatensprengungen. Die Ermittlungen führten zur Anklage gegen zwei mutmaßliche niederländische Bandenmitglieder. Sie sollen 2023 einen Automaten in Lahr-Sulz gesprengt haben.
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