Eine Frage, Herr Schütz
Grenzen sind nicht exakt

Benjamin Schütz | Foto: HerpMedia

Ortenau. Sommerzeit ist Grillzeit. Es gibt zwar kein Grillgesetz, das Mietern das Grillen auf dem Balkon grundsätzlich verbietet – aber auch kein festgeschriebenes Recht darauf. Was man darf und was nicht, erklärt Rechtsanwalt Benjamin Schütz, im Gespräch mit Rembert Graf Kerssenbrock.

Darf auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses gegrillt werden? Gibt es unterschiedliche Bewertungen der verschiedenen Grills?
Da es hierzu keine klaren einheitlichen gesetzlichen Regelungen gibt, kommt es – wie so häufig – auf die Umstände an. Rauch, Gerüche und Geräusche sind Immissionen, zu welchen es verschiedene Regelungen in unterschiedlichen Gesetzen gibt. Grundsätzlich ist das Grillen im Freien hinzunehmen, wenn es sich nur als sozialadäquate, unwesentliche oder ortsübliche, in zumutbarer Weise nicht verhinderbare Beeinträchtigung handelt. Die Grenzen sind nicht mathematisch exakt, sondern nur über eine Wertungsentscheidung im Einzelfall festzustellen – maßgeblich ist das Ortsübliche und das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen. Grillen im Freien gehört bei uns sicher zu den langjährig beliebten Freizeitbeschäftigungen, ist also mehrfach im Jahr in gewissem Rahmen ortsüblich und zu dulden. Die erlaubte Grillfrequenz wird anhand der konkreten Umstände, insbesondere Art und Ort des Grillens, bestimmt.
Auf Balkonen war Grillen mit Holzkohle bis Anfang der 90er-Jahre in der Regel ganz untersagt, heute ist es grundsätzlich zulässig – hinsichtlich der Rauch- und Geruchsentwicklung gelten aber strengere Grenzen als beim Grillen im freien Garten. Weil die Rauch- und Geruchsentwicklung eine wesentliche Rolle spielt, wird das Grillen mit Elektro- oder Gasgrill eher und häufiger zulässig sein als der Holzkohlegrill.

Können ein Mietvertrag oder eine Hausordnung die Art des Grills vorschreiben?
Einschränkungen können in der Hausordnung oder durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft vorgegeben sein, im Mietshaus für Balkone bis hin zu völligem Verbot. Wo eine ausdrückliche Regelung fehlt, kann Grillen auch auf dem Balkon – unabhängig von der Art des Grills, wobei wie gesagt die Rauchentwicklung eine Rolle spielt – jedenfalls in der Zeit von April bis September einmal monatlich zulässig sein, wenn die Nachbarn zwei Tage vorher informiert werden.

Wie oft darf im eigenen Garten im Jahr gegrillt werden und muss ich da auch auf Nachbarn Rücksicht nehmen?
Im Garten kann Grillen in kleinem Rahmen – bei rund zwei Stunden Dauer bis etwa 21 Uhr – sogar bis zu 25 Mal zu dulden sein. Bei größeren Festen von besonderem Anlass und längerer Dauer bis zu fünfmal im Jahr, vor allem an Wochenenden oder abends vor Feiertagen. Das Grillen im Garten ist aber beispielsweise bei Holzkohle mit weniger als 25 Meter Abstand zum Nachbarn auf fünfmal im Jahr beschränkbar, etwa durch eine Regelung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Auch bei eigenem Hauseigentum ist im Sinne des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses auf die Nachbarn Rücksicht zu nehmen, und es empfiehlt sich immer, die Nachbarn rechtzeitig zu informieren. Rücksichtnahme äußert sich dabei zum Beispiel auch in der Verwendung eines Elektro- oder Gasgrills, statt Kohle, Aufstellung des Grills weitestmöglich vom Nachbarn entfernt, bei Berücksichtigung der Windrichtung, angemessene Dauer des Grillens und Ende vor der Nachtruhe.

Wie lässt sich Streit mit Nachbarn vermeiden?
Wer sein privates Grillen in Grenzen hält, etwa ein bis zwei mal monatlich, und hinsichtlich Rauch- und Lärmentwicklung auf die Nachbarn Rücksicht nimmt und sein Grillen möglichst jeweils ankündigt, wird bei den meisten Nachbarn auf „ortsübliches“ Verständnis stoßen. Wie auch in anderen Lebenslagen sollte man sich selbstkritisch immer so verhalten, wie man es umgekehrt auch vom Nachbarn erwarten würde.

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