Treffen der Ex-Rathauschefs
Muttach und Stiefel präsentierten Illenau

- Die ehemaligen Rathauschefs mit Bürgermeister Andreas Kollefrath beim Illenaumodell vor dem Arkadenbistro: Bernd Siefermann (v. l.), Dieter Klotz, Wolfgang Reinholz, Klaus Muttach, Andreas Kollefrath, Dietmar Stiefel, Ewald Panther, Martin Albers, Klaus-Peter Mungenast, Arno Haiss, Reinhard Köstlin und Valentin Doll
- Foto: Claudia Männle/Stadt Achern
- hochgeladen von Matthias Kerber
Achern (st) Oberbürgermeister a. D. Klaus Muttach und Bürgermeister a. D. Dietmar Stiefel boten beim jüngsten Treffen der ehemaligen Bürgermeister der Raumschaft ein spannendes Programm mit einem Rundgang durch die zuletzt revitalisierten Bereiche der Illenau. Zunächst zeigten sie mit beeindruckenden Bildern die Illenauwiesen sowohl zur Zeit der Nutzung während der französischen Militärzeit, als auch wie diese zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Stadt 2016 völlig überwuchert und Gebäude verfallen waren.
Die 5,4 Hektar große Fläche wurde dann 2016 durch die Stadt für drei Millionen Euro erworben, 1,8 Millionen Euro dieses Kaufpreises wurden aus Sanierungsmitteln vom Land übernommen.
Wettbewerb
Es wurde zunächst ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt. Grundgedanke war, dass entlang des Mühlbachs ein naturnaher Park mit einer vier Meter breiten Verbindung als Fuß- und Radweg zwischen Oberachern und Achern entsteht. Diese sollte wie auf Stelzen geführt werden, damit die Menschen auf dem Weg bleiben; der Belag sollte an die militärische Nutzung erinnern. Bewusst wird der Weg mit Abstand zum Mühlbach geführt, um die Vegetation entlang des Mühlbachs nicht zu beeinträchtigten. Lediglich drei Mal wird der Weg an den Mühlbach heran geführt. Als weitere wichtige Wegbeziehung wird die Zufahrt von der Illenau über die Illenauwiesen weitergeführt und von dort über eine Brücke über den Mühlbach in die Innenstadt. Dadurch ist die Illenau, die als Heil- und Pflegeanstalt, während des Dritten Reiches und als französische Kaserne für die Öffentlichkeit nie zugänglich war, an die Innenstadt an- und eingebunden.
Es wurde außerdem eine Bushaltestelle sowie eine Mobilitätsstation mit Fahrradverleih als Bestandteil des städtischen Mobilitätskonzeptes eingerichtet und ein Parkplatz geschaffen.
Die Reithalle war zum Verkauf ausgeschrieben, der Kaufpreis war wie alle anderen Verkäufe der Stadt durch ein Wertgutachten des Gutachterausschusses objektiv festgelegt. Das Konzept mit Markthalle, drei Wohnungen, Café und Außengastronomie des Ehepaares Astrid und Gerold Weber bekam den Zuschlag. Das Projekt wurde 2024 mit dem Staatspreis Baukultur des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Die Neubauten nach den Vorgaben des städtebaulichen Wettbewerbs mit 140 Wohnungen, einem Hotel, einem Backshop, einer Physiotherapie und einem großem Büroteil wurde durch den privaten Investor Marco Beicht mit einer Investitionssumme von 100 Millionen Euro realisiert.
Beim Rundgang zeigte Dietmar Stiefel, wie historische Elemente wieder sichtbar gemacht wurden: sei es das ehemalige Herrenbad aus der Epoche der Heil- und Pflegeanstalt oder die frühere Tankstelle für den Fahrzeugpark der französischen Streitkräfte, welche heute auf andere Weise als Tankstelle genutzt wird. Die Namensgebung für den Platz vor der Halle ebenso wie der barrierefreie Tischkicker soll stellvertretend für das Schicksal vieler Patienten an einen Bewohner der Illenau erinnern, der als Jude im Dritten Reich wie viele andere Juden ein furchtbares und tödliches Schicksal erfahren hat: Julius Hirsch, in der Illenau während des Krankheitsaufenthalt seiner Mutter geboren, später berühmter Fußballnationalspieler und dann nur weil er Jude war von den Nazis im KZ ermordet. Gleichzeit soll dies Mahnung vor aktuell wiederkehrenden rechtsextremen Bestrebungen in der Gegenwart sein, so Muttach.
Ökologische Ausrichtung
Es habe sich als großer Vorteil erwiesen, dass alle Gebäudeneubauten an einen Investor vergeben wurde: Dadurch konnte dieser neu zu bauende Bereich als Gesamtprojekt realisiert und die Neugestaltung der Illenauwiesen innerhalb weniger Jahre komplett abgeschlossen werden, so die beiden ehemaligen Acherner Rathauschefs.
Insgesamt sei die Entwicklung der Illenauwiesen sehr stark ökologisch ausgerichtet: Auf dem Parkplatz wurde ein umfassender Baumbestand realisiert und der Landschaftspark sei naturnah gestaltet. Sowohl die Reithalle als auch der Campus sind CO2-neutral, sämtliches Regenwasser wird auf dem Gelände versickert.
Musikschulleiter Nico Zipp führte dann voller Begeisterung durch das neue Domizil der Musikschule mit Büroräumen der Musikschulverwaltung, einem Kammermusiksaal und acht Proberäumen. Die neuen Räumlichkeiten mit dem Illenausaal als Zentrum seien zu einem Erfolgsfaktor geworden, so Zipp. Dank wachsender Schülerzahlen seien allein im letzten Monat sieben neue Lehrkräfte eingestellt worden.
Dietmar Stiefel illustrierte und referierte dann vor Ort über die wechselvolle Geschichte des früheren Kirchenraumes und dann Kinosaals bis zum heutigen Illenausaal. Während Dietmar Stiefel über zahlreiche Anekdoten lebendig zu berichten wusste, erläuterte Klaus Muttach den kommunalpolitischen Entscheidungsprozess, bei dem zahlreichen Hürden überwunden werden mussten.
Bürgermeister Andreas Kollefrath begrüßte die ehemaligen Amtsträger dann vor dem Arkadenbistro. Er äußerte sich begeistert darüber, zu welche Schmuckstück die Illenau in den letzten Jahren entwickelt worden sei, was die Arbeit der Stadtverwaltung erleichtere und von vielen Menschen für unterschiedliche Nutzungszwecke dankbar angenommen werde. Mit einem Mittagessen im Arkadenbistro, das mit seinem inklusiven Ansatz perfekt an die Geschichte der früheren Heil- und Pflegeanstalt anknüpft, schlossen die ehemaligen Oberbürgermeister und Bürgermeister der Raumschaft ihr vierstündiges Besuchsprogramm ab.“
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