SO PACKEN WIR‘S AN: Vereine in der Ortenau tun viel für die Integration von Flüchtlingen
Eine Chance, Sprache und Kultur kennenzulernen

Auf dem Platz wird Deutsch gesprochen – bei der DJK in Offenburg können Flüchtlinge ihre Freizeit beim Fußballspielen verbringen. | Foto: gro
  • Auf dem Platz wird Deutsch gesprochen – bei der DJK in Offenburg können Flüchtlinge ihre Freizeit beim Fußballspielen verbringen.
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Ortenau. Gut ein Jahr ist vergangen, seitdem viele Menschen, die aus Kriegsgebieten geflohen sind, in der Ortenau eine neue Heimat gefunden haben. In der neuen Serie „So
packen wir es an“ im Stadtanzeiger schildern wir, wie die Mammutaufgabe
der Integration von den unterschiedlichsten Akteuren geschultert wird.
Den Auftakt macht der Bereich Freizeit.

Ganz oben steht der Besuch der Sprach- und Integrationskurse, weiß Ludwig Schuster,
stellvertretender Amtsleiter des Migrationsamtes des Landrats-amts
Ortenaukreis. „Zuwanderer, die keinen Kurs belegen, haben oft die
Möglichkeit, vor Ort in der Unterkunft einen Sprachkurs der
ehrenamtlichen Helferkreise zu besuchen.“

„Viele sitzen zusammen und unterhalten sich, spielen Karten, kochen, kaufen ein, spielen
Fußball – teilweise im Verein“, beschreibt Schuster, wie die Flüchtlinge
ihre Freizeit gestalten. Muslime würden auch oft die Moschee besuchen.
Viele würden aktiv auf den Sozialdienst in den Unterkünften zu gehen und
um Unterstützung bei der Suche nach einer Freizeitgestaltung oder einem
Verein bitten. „Einige Flüchtlinge kümmern sich auch selbstständig
darum, in einem Verein aufgenommen zu werden.“ Dabei steht bei den
Männern Fußball hoch im Kurs.

Das spürt die DJK Sportgemeinschaft Offenburg, deren Sportgelände unmittelbar neben einem
Containerdorf liegt. „Im Moment kommen zwischen 50 und 60 junge Männer
zu uns“, berichtet Christian Härter, Leiter der Abteilung Fußball. Gut
30 sind unter 18 Jahren, viele werden in den Spielbetrieb integriert.
Allerdings: „Gerade bei der B- und A-Jugend ist das nicht einfach“, so
Härter. In diesem Alter sorgen die Eltern dafür, dass die jungen
Fußballer zu den Spielen kommen. Das ist bei Flüchtlingskindern
schwierig. „Für uns ist die Logistik fast nicht zu schaffen“, so Härter.
Für den Offenburger Sportverein war es eine Selbstverständlichkeit,
sein  Areal zu öffnen, als das Containerdorf bezogen wurde. „Sie dürfen
bei uns ihre Freizeit verbringen“, betont  Stefan Schürlein, erster
Vorsitzender, dem bewusst ist, wie wichtig gerade dieser Bereich für die Integration ist.

Dem stimmt Ludwig Schuster zu: „Dieser Aspekt spielt eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Integration. Denn in der Freizeitaktivität ist ein persönlicher Zugang eher möglich als am
Arbeitsplatz. Durch den Besuch des Vereins können die Flüchtlinge eher
unsere Kultur und Sprache niederschwellig kennenlernen und
Freundschaften knüpfen.“

Für die Vereine bedeutet das großen Einsatz. „Ich bin von Montag bis Sonntag auf dem Platz“, sagt Christian Härter. In aller Regel wird sich mit Händen und Füßen, in Englisch,
Französisch und sogar Italienisch verständigt. Allerdings: „Auf dem
Platz wird Deutsch gesprochen, da müssen sie mit klar kommen.“ Schwierig
sei es, die Neuankömmlinge in der Liga antreten zu lassen. „Es gibt so
viele Regularien“, beschreibt er die Lage. Hinzu kommt, dass ein Umzug
jederzeit möglich ist: Sei es, weil die Menschen in eine andere
Unterkunft verlegt werden, sei es, weil die Anschlussunterbringung in
einem anderen Ort erfolgt. „Du arbeitest mit ihnen und wenn sie gerade
integriert sind, verlieren wir sie“, bedauert Härter. Und natürlich sind
andere Vereine nicht blind für echte Talente: „Wenn sie sehen, dass die
Spieler gut sind, werden sie abgeworben, dabei kennen die jungen Männer
die ganzen Regularien gar nicht.“

Da die Flüchtlinge aus unterschiedlichen Kulturen kommen, knirscht es manchmal auf dem Platz.
„Es brechen  Konflikte auf, die auch sonst da sind“, so Schürlein. Doch
im Großen und Ganzen laufe es gut. Allerdings finden beide, dass die
Ehrenamtlichen in den Vereinen noch mehr Unterstützung verdienten. „Wir
bekommen Hilfe, wenn wir darum bitten“, so Härter und Schürlein. „Von
alleine kommt allerdings nichts. Und wir sind auf jede denkbare
Unterstützung angewiesen.“

Seit Herbst 2015 wird jungen Frauen die Möglichkeit geboten, an den Angeboten der Kehler Turnerschaft teilzunehmen. „Extrakurse für Flüchtlinge wollen wir nicht“, erklärt
Gabriele Verremann, in deren „Afro-Light“-Kurs sechs junge Frauen aus
Eritrea Sport trieben. Die Kursleiterin hatte gezielt Flüchtlinge
angesprochen und eingeladen. „Die Sprache spielt natürlich eine Rolle,
aber man kann viel durch Vormachen ausgleichen“, so Verremann. „Eine
junge Frau wollte gar keine Übungen machen, sondern eigentlich nur
Seilspringen, sie wollte sich auspowern.“ Im Moment ist die Nachfrage
verhalten, aber: „Die Jungen Frauen waren bei unserer Fitnessnacht und
haben sich informiert.“

Unterstützung kommt unter anderem vom Badischen Sportbund, der sich laut Ludwig Schuster in der Verantwortung
sieht, allen Flüchtlingen, welche dauerhaft in Deutschland bleiben, ein
Sportangebot ihrer Wahl anzubieten. Der Badische Sportbund unterstützt
die Vereine bei der Integration in finanzieller und beratender Hinsicht.
Auch das Landratsamt hat dem Badischen Sportbund für sein Projekt
organisatorische Unterstützung durch die Ehrenamts-Koordinationsstelle
des Migrationsamtes zugesichert“, so Schuster.

Autor: gro

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