Im fremden Land sorgen sie für richtige Verständigung

Dolmetscher-Pools helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und Menschen mit Migrationshintergrund zu unterstützen. | Foto: Wolfgang Maelger
  • Dolmetscher-Pools helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und Menschen mit Migrationshintergrund zu unterstützen.
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Ortenau. Sie kennen sich nicht aus, beherrschen die Sprache nicht und können sich daher auch
nicht verständigen. Ein Problem, das viele, die als Fremde nach
Deutschland kommen, haben. Eine Anlaufstelle finden diese Menschen in
ehrenamtlichen Dolmetscher-Pools – und die sind gefragt wie selten. 

Der Dolmetscher-Pool für den Raum Offenburg ist ein gemeinsames Projekt
des Diakonischen Werks und des Caritasverbands Offenburg. „Aktuell sind
34 ehrenamtliche Dolmetscher aus unterschiedlichen Ländern in unserem
Projekt tätig. Sie decken insgesamt 17 verschiedene Sprachen ab“, so
stellvertretend Larissa Beck für die Caritas. Waren es im vergangenen
Jahr 61 Dolmetschereinsätze, beläuft sich diese Zahl für 2015 bereits
auf 73. Die Gründe liegen in der aktuellen Flüchtlingssituation. „Die
gestiegene Anzahl an Dolmetschereinsätzen sowie die Tatsache, dass
Arabisch die am häufigsten nachgefragte Sprache ist, lässt vermuten,
dass die derzeitige Flüchtlingssituation eine große Rolle für den
Dolmetscher-Pool spielt“, vermuten Beck und Mario Herrmann von der
Diakonie.

Weil viele Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak kommen, gehört neben Arabisch auch Persisch zu den stark nachgefragten
Sprachen. „Mit 14 Dolmetschern für die arabische Sprache sind wir für
die Region gut aufgestellt“, so Beck. Neben der Migrations- und
Flüchtlingsberatung spielt für Dolmetscher die Schwangerschaftsberatung
eine große Rolle. „Auch die vermehrte Nachfrage von anderen
Institutionen wie Schulen, Kindergärten oder Ärzten nach Dolmetschern
macht den Bedarf der unterschiedlichsten Einrichtungen deutlich“, nennt
Beck weitere Bereiche der Übersetzertätigkeit durch den Pool. 

„Für die Dolmetscher in unserem Projekt, die eine geringe
Aufwandsentschädigung erhalten, setzen wir im Allgemeinen nur gute
Sprachkenntnisse voraus“, nennen Beck und Herrmann die Bedingungen für
die ehrenamtlichen Helfer. Das heißt: Die Dolmetscher müssen sowohl die
zu dolmetschende Sprache als auch die deutsche Sprache gut beherrschen.
„Wichtig ist uns, dass sie bei uns einen Ansprechpartner vor und nach
den Gesprächen haben, um das zu übersetzende Fachgebiet persönlich
einordnen zu können“, so Beck. „Eine weitere Sprache, die wir benötigen,
aber für die wir noch keinen Dolmetscher gefunden haben, wäre
Albanisch“, wirbt Beck für Offenburg um weitere Ehrenamtliche. 

Bereits 2013 hat die Stadt Achern beim Integrationsgipfel einen
Übersetzungsbedarf festgestellt. Federführend hierbei war die
Stadtverwaltung, unterstützt von Netzwerkpartnern aus Caritas, Diakonie,
Vorschul- und Schulbereich, Psycholgogische Beratungsstelle und
Frauenforum. Nach entsprechenden Schulungen ging der Pool dann im Juli
vergangenen Jahres an den Start. Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage
mitteilt, gab es 2014 insgesamt 13 Einsätze – zwei Mal auf Russisch,
zwei Mal auf Albanisch, drei Mal auf Spanisch, sechs Mal auf Arabisch.
In diesem Jahr waren die Dolmetscher bis zum 31. Oktober bereits 75 Mal
im Einsatz: ein Mal auf Rumänisch, 54 Mal auf Arabisch, vier Mal auf
Bulgarisch, zwei Mal auf Polnisch, zwei Mal auf Portugiesisch, elf Mal
auf Albanisch, ein Mal auf Türkisch, ein Mal auf Farsi, ein Mal auf
Englisch.

„Nachgefragt wurden die Übersetzungsdienste von der Stadtverwaltung, der Caritas, der Diakonie, den Krankenkassen, der
Agentur für Arbeit, den Sozialen Diensten, der Psychologischen
Beratungsstelle, Kindergärten, Schulen, Ärzten und dem
Flüchtlings-Helferkreis AMA“, informiert Helga Sauer von der städtischen
Pressestelle. Vor allem im medizinischen Bereich seien durch den
unerwartet großen Flüchtlingszuwachs viele Einsätze nötig geworden. 43
zertifizierte Dolmetscher sind derzeit in Achern ehrenamtlich tätig,
außerdem einige freie Mitarbeiter, die auch ohne Schulung aufgrund ihrer
Arabischkenntnisse derzeit dringend benötigt werden. Neue Schulungen
starten im kommenden Frühjahr. Vor allem Dolmetscher für Arabisch werden
noch gesucht. Entsprechende Informationen erteilt Ute Götz-Bannert
unter Telefon 07841/6421263 (vormittags).

In Kehl wurden für das Jahr 2014 insgesamt 424 Einsätze verzeichnet, im ersten Halbjahr
dieses Jahres sind es bereits über 500 Gespräche gewesen, die
Dolmetscher geführt haben. Seit 2012 besteht die von der Stadt Kehl und
der Diakonie Kehl organisierte Einrichtung. „Wir haben nicht damit
gerechnet, auf solch ein großes Interesse zu stoßen“, erzählt Claudia
Mündel, die den Dolmetscher-Pool von städtischer Seite aus betreut. „Zur
ersten Schulung im Herbst 2012 haben sich sofort 23 Menschen
angemeldet. Ein Jahr später waren es zwölf weitere und 2015 sind es
bisher auch etwa 30 Freiwillige.“ Über eine mangelnde Nachfrage kann man
sich in Kehl also nicht beschweren. „Das hat nicht unbedingt etwas mit
der aktuellen Flüchtlingssituation zu tun“, berichtet Edgar Berg von der
Diakonie Kehl. „Hier helfen sich die Landsleute oft untereinander.
Daneben sind es auch Zuwanderer beispielsweise aus Bulgarien und
Rumänien, die einen Dolmetscher benötigen.“ Die Vermittlung läuft dabei
über Behörden, Kindertagesstätten, Schulen oder auch Arztpraxen. „Haben
Sie jemanden vor Ort, der Hilfe benötigt, wenden sie sich über eine
Internetseite direkt an einen Dolmetscher, dessen Sprache gerade
benötigt wird“, erklärt Mündel.

Dass die Hilfe sehr spontan gefragt sein kann, weiß auch Rosanna Attiogbé: „Ich bin Dolmetscherin
für Französisch und Italienisch. Es kann durchaus vorkommen, dass einen
eine Anfrage  erreicht und man bereits einige Stunden später vor Ort
ist.“ Dabei gehören Gespräche mit Ämtern genauso dazu wie das Übersetzen
bei Arztterminen oder der Zulassungsstelle. „Sollten wir merken, dass
die Menschen unsere Dienste zu häufig in Anspruch nehmen, sind wir dazu
angehalten, die Betroffenen auf Deutschkurse hinzuweisen“, erklärt
 Attiogbé. Am häufigsten wurden in diesem Jahr Dolmetscher für die
rumänische und ungarische Sprache gesucht. Darauf folgten Polnisch,
Russisch und Litauisch. Auch in Lahr wurde ein starker Zuwachs bei der
Nachfrage nach Dolmetschern verzeichnet. Kam es im Jahr 2014 zu
insgesamt 87 Einsätzen, wurden in diesem Jahr bisher 121 Gespräche von
den Dolmetschern geführt. 

Auch die Stadt Oberkirch möchte einen ehrenamtlichen Dolmetscherpool verwirklichen. Gesucht werden
Einwohner, die fließend Deutsch und eine andere Sprache beherrschen.
Besonders benötigt werden folgende Sprachen: Farzi/Dari, Paschtu,
Albanisch, Italienisch, Rumänisch, Bulgarisch, Tigrinya, Urdu, Tamil,
Hindi, Polnisch, Spanisch, Arabisch (Afrika) und Somali. Die Stadt
bietet für die künftigen Übersetzer eine Schulung mit Zertifikation
sowie pro Einsatz eine Aufwandsentschädigung an. Interessierte können
sich bei der Integrationsbeauftragten Simone Pohl unter Telefon 07802/82247 wenden. 

Derzeit sind 28 Dolmetscher in Lahr tätig. „Am häufigsten werden die
Sprachen Kurdisch und Russisch nachgefragt. Aber auch Rumänisch und
Arabisch werden oft angefragt. Der Bedarf für das Letztere  hängt wohl
auch mit der aktuellen Flüchtlingssituation zusammen: „Sie führt dazu,
dass den Lahrer Dolmetscherpool immer mehr Anfragen vor allem für
Kurdisch und Arabisch erreichen. Gleichzeitig melden sich auch
mehrsprachige Bürger, die Flüchtlingen helfen wollen. Insgesamt haben
wir 19 verschiedene Sprachen im Lahrer Dolmetscherpool zur Verfügung“,
so Cornelia Gampper, Amt für Soziales, Schulen und Sport bei der Stadt
Lahr. Insbesondere werden derzeit Dolmetscher für Urdu (wird in Pakistan
gesprochen), Paschtu (wird im Iran und in Afghanistan gesprochen),
Somalisch und Serbisch gesucht. Wer sich engagieren möchte, kann sich
gerne beim Lahrer Mehrgenerationenhaus unter der Telefonnummer
07821/3271144 melden. Gute Deutschkenntnisse und das beherrschen
mindestens einer anderen Sprache, idealerweise als Muttersprache, sind
Voraussetzung. „Außerdem sollte man zuverlässig, diskret und geduldig
sein“, erklärt Gampper.

In Hausach greift man im Zweifel auf das Dolmetscherverzeichnis für Baden-Württemberg des Oberlandesgerichts
Stuttgart zurück, so diese staatlich anerkannt sein müssen. Ist dies
nicht der Fall, sind den entsprechenden Stellen Bürger bekannt, die
gerne unbürokratisch helfen. Darunter sind auch drei Personen die Farsi
oder Arabisch sprechen.

Autor: rek/bos/ds/dh

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