Grenzkontrollen
Passantenzahl in Fußgängerzone reduziert sich deutlich

- OB Wolfram Britz wird von ZDF-Redakteur Anton Jany interviewt.
- Foto: Stadt Kehl
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Kehl (st) Fünf Wochen ist es her, dass die neue Bundesregierung die Grenzkontrollen zwischen Straßburg und Kehl deutlich verschärft hat. Die Folgen für das grenzüberschreitende Miteinander sind beträchtlich, schreibt die Stadtverwaltung Kehl in einer Pressemitteilung: Die Passantenzahlen in der Fußgängerzone seien deutlich zurückgegangen; die Klagen, die bei der Stadtverwaltung eingingen, mehrten sich. Eine Antwort auf den Brief, den Oberbürgermeister Wolfram Britz gemeinsam mit seiner Straßburger Amtskollegin Jeanne Barseghian an Bundeskanzler Merz geschrieben hat, liege noch nicht vor.
Die intensivierten Grenzkontrollen wirken sich auf fast alle Lebensbereiche aus.
Arbeiten: Grenzpendler müssen deutlich mehr Zeit für ihren Arbeitsweg einplanen; für Autofahrer, die über die Europabrücke kommen, gibt die Bundespolizei die Wartezeiten mit zehn bis 45 Minuten an. Das gilt auch für Pendler, welche die Ortenau-S-Bahn/den TER zwischen Straßburg und Offenburg nutzen, weil durch die Kontrollen im Kehler Bahnhof Verspätungen von bis zu 15 Minuten entstehen.
Wirtschaft: Bei Oberbürgermeister Wolfram Britz meldeten sich Unternehmer, die fürchten, die für sie so wichtigen und geschätzten Fachkräfte aus Straßburg und Umgebung zu verlieren, wenn die intensiven Kontrollen längere Zeit andauerten. Spediteure, die gerade im Ballungsraum unterwegs seien, also beispielsweise Waren zwischen dem Straßburger und dem Kehler Hafen transportieren, stellten es ihren LKW-Fahrern frei, ob sie sich auf der Europabrücke in den Stau begeben oder den Umweg über die Pflimlin-Brücke oder den Grenzübergang Gambsheim-Freistett fahren. Dadurch seien allein bei einer Spedition in Kehl für die gesamte LKW-Flotte in den vergangenen fünf Wochen mehrere Tausend zusätzliche Kilometer zusammengekommen – was für den Grenzraum auch eine zusätzliche Luftbelastung bedeutet.
Mobilität: Wenn die Tram durch die Kontrollen an der Haltestelle Bahnhof aufgehalten wird, wirken sich die Verspätungen entlang der Linie D durch die gesamte Straßburger Innenstadt aus. Für die Fahrer verkürzt sich die Pause an der Endhaltestelle Rathaus. Wer die Ortenau-S-Bahn nutzt, muss – selbst wenn er in Kehl startet – früher losfahren, wenn er sicher sein will, dass er in Offenburg einen Fernzug erreichen kann.
Einzelhandel: Die Besucherfrequenz in der Fußgängerzone (gemessen über offenes WLan von Handybesitzern) sei seit der Intensivierung der Grenzkontrollen deutlich zurückgegangen. So wurde an der Zählstelle auf Höhe der Stadtapotheke seither die 15.000er-Marke nicht mehr erreicht. Ein Beispiel: Am Samstag, 3. Mai, hätten sich dort 21.000 Personen bewegt; am 7. Juni seien es nur noch 11.500 gewesen.
Privatleben: In Kehl leben mehr als 3.000 Einwohner mit einem französischen Pass. In Straßburg wohnen – Schätzungen zufolge – mehr als 5.000 Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Dabei handele es sich nicht selten um deutsch-französische Familien, die auch Angehörige auf der jeweils anderen Rheinseite haben. Die Grenzkontrollen würden gegenseitige Besuche erschweren und würden dann zu einer erheblichen Belastung, wenn beispielsweise die Eltern unterstützt oder gepflegt würden.
Außerdem pendeln täglich ein paar Hundert Schüler auf die jeweils andere Rheinseite. Auch die Kinder und Jugendlichen würden in der Tram kontrolliert und müssten sich ausweisen können. Für einige von ihnen seien diese Kontrollen eine unangenehme Erfahrung – die sie bislang (von der Corona-Pandemie abgesehen) nicht kannten. Viele Eltern möchten ihren Kindern keinen Ausweis mitgeben, aus Furcht, dass dieser im Schulalltag verloren geht.
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