Auftakt vor dem Landgericht
Angeklagter mit Geständnis am ersten Prozesstag

Der heute 41-jährige Angeklagte (l.), mit seinem Anwalt Sven Haas, war bis zu seiner Verhaftung Leiter des Ordnungsamts der Stadt Kehl. | Foto: rek
  • Der heute 41-jährige Angeklagte (l.), mit seinem Anwalt Sven Haas, war bis zu seiner Verhaftung Leiter des Ordnungsamts der Stadt Kehl.
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Offenburg(rek) Mit umfassenden Aussagen wartete der 41-jährige Angeklagte, der bis zu seiner Verhaftung Leiter der Bereiche Bürgerservice, Sicherheit und öffentliche Ordnung bei der Stadt Kehl war, zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Offenburg auf. Er ist angeklagt wegen Bestechlichkeit, vier weitere Angeklagte wegen Bestechung. Der Tatzeitraum liegt zwischen Mai 2020 und November 2021.

Der Vorwurf: Gegen Geld und kostenlose Urlaube hätte der 41-Jährige Härtefallgenehmigungen für den Betrieb von Spielhallen erteilt und deren Betreiber vor Polizeikontrollen gewarnt - so Oberstaatsanwalt Martin Seifert in der Anklageschrift. Die "professionelle Distanz" hätte er aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur gegenüber den anderen Beschuldigten nie gewahrt. Mitangeklagt sind als Spielhallenbetreiber ein 29-jähriger Geschäftsführer und seine gleichaltrige Verlobte auf der einen Seite und andererseits ein 74-Jähriger, der zudem Betreiber von Bistros und Hotels in Kehl ist, sowie sein 51-jähriger Geschäftsführer. Sie, so die Staatsanwaltschaft, hätten in dem Amtsleiter ein "lenkbares Werkzeug" gesehen.

Mitte Mai 2017 hatte 41-Jährige seine Tätigkeit bei der Stadt Kehl ohne verwaltungsinterne Fachkenntnisse übernommen. "Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen", sagte er rückblickend und nannte eine fehlende Einarbeitung und die Unterbesetzung mit Sachbearbeitern in den Ämtern als Ursache. Innerhalb der ersten zwei Wochen hätte der Angeklagte auslaufende Lizenzen der Spielautomatenbetreiber bearbeiten müssen. "Auf Weisung des Oberbürgermeisters" seien alle Lizenzen verlängert worden. Schnell hätte es private Kontakte und eine freundschaftliche Beziehung zu dem mitangeklagten Pärchen gegeben. 

Die beiden 29-Jährigen hätten den 41-Jährigen in schwierigen Zeiten, als er sich überfordert gefühlt und er zudem eine private Trennung durchlebt hätte, unterstützt. "Ich habe nur noch funktioniert", gesteht der Ex-Verwaltungsmitarbeiter vor Gericht. Den gemeinsamen Urlaub hätte es gegeben. Seinen finanziellen Anteil hätte er aber selbst getragen. Die von den Mitangeklagten geliehenen 1.000 Euro hätte der 41-Jährige in Testosteron-Ampullen investiert. Gewarnt hätte er die beiden vor anstehenden Polizeikontrollen.

Der 74-Jährige hätte sich für seine Geschäfte auch Vorteile durch den Rathaus-Mitarbeiter sichern wollen. Einladungen zum Essen sowie eine Übernachtung in einem der Ferienhäuser des ebenfalls Angeklagten  hätten für weitere Absprachen Grundlage sein sollen, so die Anklage. Ausnahmegenehmigungen für den Betrieb von Spielhallen oder Sondergenehmigungen, durch die der Spielhallen-Betreiber Lohnkosten gespart hätte, seien die Gegenleistungen des Kehler Verwaltungsangestellten gewesen, steht in der Anklageschrift. Zudem hätte er sie über einen möglichen Grundstückskauf zur Ansiedelung weiterer Spielhallen informiert.

Die Polizei wusste, so die ermittelnde Staatsanwaltschaft, inzwischen von der geplanten Übergabe von 50.000 Euro des 74-Jährigen an den 41-Jährigen. Das Geld hätte den 41-Jährigen  beim Hauskauf unterstützen sollen. Doch den Betrag hätte er nicht angenommen. Stattdessen folgte die Festnahme.

Der nächste Termin vor dem Landgericht ist für kommenden Mittwoch angesetzt.

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