Früher war Lothar Killig gar nicht so närrisch eingestellt
Vollblutnarr mit großem Läuferherz

Im Moment ist bei Lothar Killig alles auf die Fastnacht ausgerichtet, doch bald zieht er wieder seine Sportsachen an und läuft Marathon. | Foto: Foto: Michael Bode
  • Im Moment ist bei Lothar Killig alles auf die Fastnacht ausgerichtet, doch bald zieht er wieder seine Sportsachen an und läuft Marathon.
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Oberharmersbach. Ein großer Erfolg: 5.000 Hästräger kamen ins beschauliche Oberharmersbach, fast doppelt so viele, wie der Ort Einwohner hat. Mittendrin: Zunftmeister Lothar Killig, der mit den Mitgliedern der Bärenzunft das 44-jährige Bestehen feierte. "Früher war ich gar nicht so närrisch eingestellt", bekennt der gebürtige Oberharmersbacher. Heute könnte er es sich ohne Bär, Schindelmocher und Stein-Teufel, die Figuren der Bärenzunft, nur noch sehr schwer vorstellen.
"Meine Frau Christine hat mich immer mitgenommen zu Fastnachtsveranstaltungen und Umzügen, man kann schon fast sagen, genötigt", erzählt Lothar Killig, der damals noch in Zell am Harmersbach wohnte. Viele Freunde und Bekannte waren in einer Zunft. "Wir überlegten bereits, ob wir in Zell zu den Bändele gehen sollen. Es ergab sich der Umzug nach Oberharmersbach, und damit war klar, dass wir dort in die Zunft gehen", so der Industriemechaniker. Häsvogt Wilhem Benz hatte ihn bald als Nachfolger im Blick. Drei Jahre war Killig dabei, dann wurde er in den Zunftrat berufen und war fortan zuständig für die Kleiderordnung, Regularien, Arbeitseinteilungen und die rund 60 Leihhäs der Zunft.
Was Lothar Killig macht, will er richtig machen. Über 25 Jahre war er in der Miliz- und Trachtenkapelle Oberharmersbach, spielte dort Trompete, Flügelhorn und Tenorhorn. "Der Anspruch im Musikverein ist hoch, das ging nicht mehr", sagt der Zunftmeister zurückblickend. Das Vereinsleben hatte er zudem im TV Unterharmersbach beim Boden- und Geräteturnen kennengelernt.
Vier Jahre war Killig im Amt als Häsvogt, da nahm ihn Zunftmeister Heinz Haubold junior überall hin mit, führte Killig ein, auch beim Verband Oberrheinischer Narrenzünfte (VON). So kurz erst dabei, da wollte er sich nicht "hineindrücken". Haubold sagte aber: "Du wirst einmal mein Nachfolger."

Schnelle Karriere in der Bärenzunft

Als Paul Teike, inzwischen verstorbener Narrenmeister im VON, ihm Mut machte, war Lothar Killig klar, wohin die Reise geht. "Ohnehin kann ich schlecht Nein sagen", so Killig, der das nicht als Schwäche sieht. Nach neun Jahren in der Zunft, sechs davon als Häsvogt, wurde Killig 2009 zum Zunftmeister gewählt. "Was der Zunftrat macht, das sieht man erst, wenn man richtig dabei ist." Das jüngste Jubiläum war ein Kraftakt. Sicherheitsvorschriften, Auflagen, Busparkplätze und vieles mehr sorgten im Vorfeld für reichlich Arbeit. Bedenken gab es auch bei den Zunftmitgliedern. Bei der 33-Jahr-Feier waren 3.700 Hästräger gekommen. "Es war noch Platz, deshalb hatten wir uns eine Grenze bei 4.444 Hästrägern vorgenommen. Die Zusagen kamen so schnell, dass es schwer war, eine Zunft wieder auszuladen", sagt Killig. 93 Zünfte mit besagten 5.000 Hästrägern waren am vergangenen Wochenende im Dorf unterwegs. Dazu kamen noch die Zuschauer.
Machbar ist alles für Killig nur, weil er im Drei-Schicht-System arbeitet und wenig Schlaf braucht: "Nach fünf Stunden wache ich meist auf." Morgens oder Nachmittags kann er dann seine Vereinsarbeit machen.
Die Umstellung bei der Schicht bereitete allerdings anfangs Probleme: Weniger die nächtliche Arbeit, vielmehr war es das nächtliche zünftige Vesper. "Bald hat der Gürtel gespannt", bekennt Killig. Ein Arbeitskollege hat ihn angestachelt: "Lass uns joggen gehen." Gesagt, getan: Aus einer Trainingseinheit in der Woche wurden zwei, und der Freund überraschte ihn: Er hatte beide zum Halbmarathon in Freiburg angemeldet. "Diesen bin ich schlussendlich alleine gelaufen. Im Ziel hatte ich noch Kraft. Das nächste Ziel war dann der Marathon in München." Der Oberharmersbacher war innerhalb von eines Jahres begeistert von diesem neuen Hobby. Bergläufe und Marathonstrecken im Gebirge haben es ihm angetan, wie in Zermatt. 80 bis 100 Kilometer ist mittlerweile das wöchentliche Trainingspensum. Nicht selten fährt Killig von Oberharmersbach mit dem Rad nach Zell zur Arbeit. Nach der Arbeit joggt er auf den Brandenkopf, wieder hinunter und fährt dann nach Hause. Derzeit ist aber Pause. Die Fastnacht benötigt viel Zeit. Selbstverständlich ist er heute ein Vollblutnarr: Seinen 50. Geburtstag feiert er in diesem Jahr immerhin am Rosenmontag.
Daniel Hengst

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