Pflegestützpunkt Offenburg wird stark nachgefragt
Hilfe für Menschen in Notsituationen

Kerstin Niermann von Pflegestützpunkt in Offenburg ist oft die erste Anlaufstelle für Menschen, die dringend Rat in Sachen Pflege brauchen. | Foto: Pflegestützpunkt/kec
  • Kerstin Niermann von Pflegestützpunkt in Offenburg ist oft die erste Anlaufstelle für Menschen, die dringend Rat in Sachen Pflege brauchen.
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Ortenau (kec). Die Bevölkerung wird immer älter, der demografische Wandel macht sich auch in der Ortenau bemerkbar. Um den Bedürfnissen der älter werdenden Bevölkerung gerecht zu werden, wurde vor neun Jahren der Pflegestützpunkt Ortenaukreis als Beratungsstelle für pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige eingerichtet. Bereits 2012 nutzten 2.487 Hilfebedürftige das neue Angebot, 2018 waren es bereits 5.099 und auch 2019 stiegen die Beratungskontakte weiter an, sodass das Landratsamt, das neben den Kranken- und Pflegekassen die Einrichtung zu einem Drittel mitfinanziert, 2,5 weitere Vollzeitstellen genehmigte. Derzeit befindet man sich noch im Abstimmungsprozess, doch Kerstin Niermann von der Zentrale in Offenburg hofft auf die Ausschreibung der Stellen noch 2020.

„Zu uns kommen Ratsuchende jeden Alters, neben dem Sohn wegen seiner pflegebedürftigen Mutter, auch die Mutter mit einem behinderten Kind“, erklärte die Pädagogin Niermann, „mir ist rätselhaft, wie die Betroffenen früher, als es den Pflegestützpunkt noch nicht gab, an all die Informationen gekommen sind.“ Die Berater bieten Informationen rund um die Themen ambulante Betreuung und Pflegeleistungen. Sie haben Adressen für Nachbarschaftshilfen, Hausnotruf, Pflegedienste oder Essen auf Rädern parat. Häufig stellen die Betroffenen fest, dass die Pflegeversicherung keine Vollkaskoversicherung ist und das durch den Pflegegrad für den Pflegedienst erhaltene Geld gut eingeteilt werden muss, sonst ist es schnell ausgegeben.

Doch in der Beratung geht es nicht nur um Pflege. Oft kommen auch Menschen mit Fragen zur Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Die Anfrage ist so groß, dass die einzelnen Pflegestützpunkte regelmäßig Vorträge zum Betreuungsrecht anbieten. Darüber hinaus gibt immer wieder Veranstaltungen zu den Themen Krankheiten im Alter, Pflege und Betreuung durch osteuropäische Haushaltshilfen oder die Finanzierung der Pflege. Die Beratung ist kostenfrei, aber es wird um Terminvereinbarungen gebeten.

Die Beratung wird derzeit von acht Beratern in drei Vollzeitstellen an fünf dezentralen Standorten im Ortenaukreis angeboten. Die Zentrale befindet sich in Offenburg, die Außenstellen sind in Achern, Kehl, Lahr und Haslach. Während die Außenstelle Kinzigtal in Haslach mit Klaus Allgeier an die Caritas angegliedert ist, sind die anderen den jeweiligen Stadtverwaltungen zugeordnet.

„Wir haben den tollsten Job, den man haben kann“, bekundete Niermann, „wir helfen verzweifelten Menschen in einer Notsituation, viele sind schon dankbar, wenn man ihnen einfach nur zuhört.“ „Meist sind wir die erste Anlaufstelle präventiver Beratung, aber wir merken, oft kommt ein Pflegefall von jetzt auf gleich, dann ist schnelle und unkomplizierte Hilfe von Nöten“, so Niermann weiter, und erinnerte sich an einen Anruf am Freitagnachmittag von einer alten Dame, die komplett überfordert mit der Pflege ihres erkrankten Mannes war. „Sie war fix und fertig und ich habe es geschafft, zeitnah einen Pflegeplatz für ihren Mann zu finden“, so Niermann, „ein absoluter Glücksfall, bisweilen – gerade zur Urlaubszeit – gibt es in der ganzen Ortenau keinen einzigen Kurzzeitpflegeplatz.“ Dann muss man rasch Alternativlösungen finden.

Stützpunkt Achern-Renchtal

Seit 2011 teilen sich Bettina Huber und Sabine Sauer die Aufgabe des Pflegestützpunktes in der Außenstelle Achern-Renchtal. Wegen der Weitläufigkeit des von ihnen betreuten Gebietes halten sie auch an einem Tag pro Woche eine Sprechstunde im Oberkircher Rathaus ab. Binnen ein bis zwei Tagen arrangiert die gelernte Krankenschwester Huber laut eigener Aussage bei Notfällen einen Beratungstermin, selbst Hausbesuche sind möglich. „Der Großteil des Klientels betrifft die ambulante Pflege“, so Huber, „die Leute informieren sich gern doppelt – bei einem privaten Anbieter und bei uns – und schätzen insbesondere unsere Neutralität. Aber auch Eltern behinderter Kinder kommen immer öfters“, so die Beraterin, der insbesondere Fälle, bei denen jüngere Menschen unerwartet schwer erkranken, ans Herz gehen. Direkt vor Ort in Achern und Oberkirch gibt es Vorträge, Tanzkaffees und Kinoabende. Der nächste Vortrag findet am Dienstag, 11. Februar, zum Thema „Betreuung“ in der Mediathek in Oberkirch statt, weitere Infos unter 07841/6421267.

Stützpunkt Kehl

In Kehl wurde die bereits seit 1990 bestehende Beratungsstelle für Pflege und Versorgung weiterentwickelt. Seither unterstützt Pamela Hübsch Joachim Kubitza bei der Beratung. „Die Leute, die zu uns kommen, stehen meist vor Problemen, mit denen sie sich vorab noch nie beschäftigt haben“, erklärte Kubitza. „Bei uns kommt alles auf den Tisch und wir selektieren das wirkliche Problem heraus und prüfen, welche Ressourcen vom Wohnumfeld geleistet werden können und wo Hilfe von Außen eingebracht werden muss, damit für die Betroffenen eine tragbare Situation entsteht.“
Daneben koordiniert er in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Kehl übers ganze Jahr Vorträge, Workshops für Angehörige, aber auch Angebote für Betroffene selbst wie Malen und Tanzcafe. „Die Angebote werden sehr gut angenommen“, freute sich der von Haus aus studierte Theologe, „und sind eine tolle Sache, die Menschen leben richtig auf.“

Stützpunkt Lahr

In Lahr stehen Heike Dorow und Anja Wagner den Hilfesuchenden zur Seite. „Wir helfen gerne, aber manchmal stoßen wir an unsere Grenzen oder uns sind die Hände für weitere Hilfe gebunden“, erklärte die gelernte Altenpflegerin Wagner. So käme immer wieder eine Hilfe suchende über 80-Jährige zu ihr. „Die Dame leidet offensichtlich an Demenz und bräuchte wohl einen gesetzlichen Betreuer, aber gegen ihren Willen können wir, solange keine Gefahr im Verzug ist, nichts unternehmen“, bedauerte Huber, „wir können ihr wohl beim Antragausfüllen helfen, aber unterschreiben und abschicken muss sie ihn selbst.“ Über die Trägerschaft der Stadt Lahr gibt es das Projekt „Zeit für mich“, das der Pflegstützpunkt verwaltet. „Ein tolles Entlastungsangebot für Pflegende“, lobte Wagner, „die Angehörigen können es stundenweise buchen und haben so auch für sich ein kleines bisschen Freiraum.“

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