Im Gespräch mit Horst Kosmalla
Wir brauchen mehr Lehrer, nicht weniger

Horst Kosmalla, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Ortenaukreis
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Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) muss im kommenden Schuljahr 441 Lehrerstellen
streichen, um einen Einsparbetrag von 31,7 Millionen Euro zu erbringen.
Horst Kosmalla, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
(GEW) im Ortenaukreis, sprach mit Daniel Hengst über die Sparpläne.

Was hält die GEW von den Plänen bei den Lehrerstellen zu streichen?
Im Moment kann ich mir das nicht vorstellen und nicht erklären, wo
Lehrerstellen gestrichen werden können. Wir haben an den Schulen eine
Notsituation und sind an der Grenze der Belastbarkeit und Versorgung.
Jede Lehrkraft, die ab jetzt in diesem Schuljahr ausfällt, kann
wahrscheinlich nicht ersetzt werden. Die Mehrbelastung trifft die
verbleibenden Kollegen. Das ist für deren Gesundheit nicht gut. Die
Ministerin hat zum Schuljahresbeginn festgestellt, dass keine Lehrer auf
dem Arbeitsmarkt mehr zu finden sind. Wir befürchten, dass sich das
fortsetzt. Das Studium an der PH wurde von sieben auf acht Semester
angehoben und so kommen im nächsten Jahr kaum andere Bewerber auf den
Markt. Darüberhinaus hält die Pensionierungswelle weiter an.

Der Bedarf nimmt in den nächsten Jahren nicht ab, sondern zu. Es wurden
jede Menge Projekte angestoßen, die Ressourcen benötigen, wie der Ausbau
der Ganztagesschulen, die Umsetzung der Inklusion, eine Schulstunde in
Mathe und Deutsch in der Grundschule mehr sowie Zuweisung im
Ergänzungsbereich an Realschulen und Konsolidierung der
Gemeinschaftsschulen. Es wurden Lehrerstunden versprochen, die jetzt
nicht gehalten werden können, weil die Lehrer nicht da sind. Von
Lehrerstellenstreichungen zu sprechen ist unverständlich.

Wie ist die Situation in der Ortenau?
Die Situation ist angespannt, der Pflichtbereich ist nur knapp
gewährleistet. Es fehlen aber an einzelnen Schulen immer noch Lehrkräfte
und es wird dort mit Notplänen gearbeitet. Das führt zu großen
Belastungssituationen für die noch gesunden Lehrkräfte. Auf
ausgeschriebene befristete Krankheitsvertretungsstellen gibt es keine
Bewerber mehr. Es ist zu erwarten, dass in diesem Schuljahr nur in
wenigen Ausnahmefällen Ersatz gefunden wird, wenn es durch
Schwangerschaften, anstehende Operationen und Krankheit zu Ausfällen
kommt.

Unterm Strich brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Lehrkräfte, um den Pflichtunterricht verlässlich zu gewährleisten,
Fördermaßnahmen anbieten zu können, Profilangebote einzelner Schulen
nicht sterben zu lassen und die anspruchsvollen Baustellen im
Bildungsbereich mit dem notwendigem Personalbedarf auszustatten.

Autor: Daniel Hengst

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