Schloss Ortenberg und der Klimawandel
Auch Trauben bekommen Sonnenbrand

Geschäftsführer Matthias Wolf in den Weinbergen des Weingutes Schloss Ortenberg | Foto: Stadt Offenburg/Florian Würth
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  • Geschäftsführer Matthias Wolf in den Weinbergen des Weingutes Schloss Ortenberg
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Offenburg (st). Zielstrebig schreitet Matthias Wolf durch die Weinreben oberhalb von Ortenberg. „Hier haben wir einen Traminer“ sagt der Geschäftsführer des Weinguts Schloss Ortenberg, zupft eine Traube ab und steckt sie in den Mund. „Ist schon süß, aber noch nicht erntereif“, sagt er kauend. Wolf ist zuversichtlich: Dieses Jahr kann die Lese richtig gut ausfallen.

Segen von oben

Noch vor ein paar Wochen war die Prognose verhaltener. Hitze, Trockenheit, Klimawandel bestimmten die öffentliche Diskussion, denn schließlich war es wirklich sehr heiß und trocken
wie schon im Jahr zuvor. Dann kam aber Gott sei dank der nasse Segen von oben. „Der Regen ist noch zum richtigen Zeitpunkt gekommen, und auch in der richtigen Menge“, resümiert Matthias Wolf, der das Weingut führt, welches sich im gemeinsamen Besitz der Stadt Offenburg und des Ortenaukreises befindet. „Als Winzer würde ich mir jetzt einen schönen Spätsommer wünschen, nicht zu heiß und mit wenig Niederschlägen.“

Vielleicht geht der Wunsch in Erfüllung, doch das darf nicht als selbstverständlich verstanden werden. Die zwei Hitzewellen im Juni und Juli machten den Weinpflanzen ganz schön zu schaffen, denn extreme und langanhaltend hohe Temperaturen vertragen auch die wärmeliebenden Reben nicht: Unter der sengenden Sonne trocknen die Blätter aus und färben sich gelb. Die Pflanzen fahren ihr Wachstum herunter. Bei den Altanlagen können die Pflanzen weniger Wasser und Nährstoffe einlagern. Besonders kritisch trifft die Hitze jedoch die neueren Pflanzungen. Jüngeren Anlagen muss man sehr regelmäßig Wasser bringen, weil die Wurzelstöcke noch nicht so ausgeprägt sind –das Wasser muss direkt an die Pflanze.

Bewässern ist Pflicht

„Schon seit Jahren müssen wir hier Wasser geben“, sagt Matthias Wolf. Das geschieht durch Tropfbewässerung: Entlang der Reben schlängelt sich ein System von Wasserleitungen. Wenn der Tankwagen kommt und an die Leitungen angeschlossen wird, verteilt sich das Wasser entlang der Reben. Die Junganlagen nehmen eine Fläche von einem Hektar ein. Das einmalige Betropfen dieser Fläche verbraucht rund 40.000 Liter Wasser. Jeder Weinstock erhält dabei acht bis zehn Liter Wasser. Das benötigte Nass kommt aus dem Ortenberger Tiefbrunnen, es handelt sich um kein Trinkwasser.

Diese intensive Bewässerung, erklärt Wolf, sei erst in den vergangenen Jahren nötig geworden. Der Klimawandel, über den unter Wissenschaftlern große Einigkeit besteht, erleben Winzer hautnah. „Für alle, die draußen arbeiten, ist das nicht lustig“, sagt Matthias Wolf.

Sonnenbrand auf den Trauben

Nicht allen Auswirkungen der Hitze kann man mit Bewässerung begegnen. „Wir haben in diesem Jahr teils dramatische Sonnenbrandschäden“, bedauert der Winzer. Vor allem Früchte, die der Sonne direkt exponiert sind, verkochen regelrecht. Dieses Phänomen trete erst seit etwa 20 Jahren regelmäßig auf. Ein wenig Abhilfe soll hier ein gezieltes „Entblätterungsmanagement“ schaffen. Dabei wird darauf geachtet, dass die Traubenzone luftig ist und schnell trocknen kann, während von oben genügend Blätter für den Sonnenschutz sorgen sollen.

Derweil haben die Klimaveränderung und die damit einhergehenden wärmeren Temperaturen auch anderweitige Auswirkungen auf den Weinbau – und das sind nicht nur schlechte: Die Weine werden kräftiger, weil der Zuckergehalt in den Trauben zunimmt. Grundsätzlich ist das positiv für die Qualität des Weins. Trotzdem sollen die Weine auch künftig fruchtig und schlank schmecken. Deshalb wird zum Beispiel zu einem früheren Zeitpunkt mit der Ernte begonnen als früher. „Die Leseidee hat sich komplett verändert, und das radikal schnell, also innerhalb einer Generation“, sagt Matthias Wolf. „Das kann man nicht mit einem natürlich bedingten Klimawandel erklären“, da ist er sich sicher.

Neue und alte Sorten

Die sich verändernden Klimaverhältnisse führen auch dazu, dass zunehmend mit mediterranen Sorten experimentiert wird, die bislang eher untypisch für unsere Gegend waren: Merlot, Cabernet, Syrah. Trotzdem werde es auch in Zukunft gelingen, traditionelle Sorten „in einem guten Qualitätskorridor“ auszubauen, sagt der Winzer voraus. Der Riesling – oder „Klingelberger“, wie er hier genannt wird, wuchs früher nur in den besten Lagen. Das ist heute anders. Zunehmend gedeiht er in vergleichsweise kühlen Nordlagen – für eine längere Reifezeit. In den wärmeren Lagen werden dafür andere Sorten eingesetzt.

Voraussichtlich Mitte September beginnt beim Weingut Schloss Ortenberg die Hauptlese. Dann sind insgesamt 16 Helfer im Einsatz. Läuft alles wie angenommen, können sich Genießer auf einige gute Tropfen freuen.

Informationen zum Weingut

Das Weingut Schloss Ortenberg wird seit der Fusion im Jahr 1997 vom Ortenaukreis und der Stadt Offenburg gemeinsam betrieben. Heute umfasst es eine Rebfläche von insgesamt 45 Hektar und beschäftigt fünf feste Winzer im Außenbetrieb. Geschäftsführer Matthias Wolf kam schon im elterlichen Obst- und Weinbaubetrieb in Oberkirch mit dem Thema Wein in Berührung. Er hat zunächst eine kaufmännische Ausbildung gemacht und dann in Heilbronn Weinbetriebswirtschaft studiert. In diesem Jahr feiert er sein „Zehnjähriges“ als Chef des Weinguts Schloss Ortenberg.

Geschäftsführer Matthias Wolf in den Weinbergen des Weingutes Schloss Ortenberg | Foto: Stadt Offenburg/Florian Würth
Die Trauben sehen gut aus. | Foto: Stadt Offenburg/Florian Würth

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