Frost sorgt für große Schäden – Hilfsprogramm des Landes läuft an
Teils katastrophale Lage im Obst- und Weinbau

Schwarz gefrorene Fruchtansätze | Foto: kfl
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Ortenau (ds). Um die Blüten zu schützen, hat Landwirt Gottfried Schätzle seine Obstbäume in den Frostnächten vom 19. bis 21. April beregnet. Wo sich das gefrorene Wasser schützend um jungen Fruchtansätze gelegt hat, konnte er den Schaden noch eingrenzen. "Ich habe aber nicht überall solche Beregnungsanlagen", sagt der Landwirt aus Haslach-Schnellingen, "wo ich nicht beregnen konnte, habe ich einen Totalausfall." Apfel- und Kirschbäumen hat der Frost besonders zugesetzt. Bei den Erdbeeren befürchtet Gottfried Schätzle einen Ernteausfall zwischen 20 und 80 Prozent.
Die Landesregierung hat die Frostnächte mittlerweile als Naturkatastrophe eingestuft. Somit ist der Weg frei für finanzielle Hilfen. Wie hoch diese sein werden, kann erst nach der Ernte im Herbst beziffert werden, wenn der tatsächliche Ausfall feststeht. Hilfe sollen diejenigen Betriebe erhalten, die mindestens 30 Prozent Ertragsausfall zu beklagen haben. Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Ministerium Ländlicher Raum in Stuttgart, erklärte im Rahmen der offiziellen Eröffnung der Erdbeersaison auf dem Hof des Obsterzeugers Martin Ziegler in Lautenbach, dass man die Finanzämter um Kulanz für von Frostschäden betroffene Landwirte bei Steuerstundungen gebeten hat. Bei Liquiditätsengpässen wird die Landwirtschaftliche Rentenbank einspringen.
Katastrophal ist die Lage auch im Weinbau. "Am stärksten betroffen sind die Reben in Hangfußlagen und an den Talausgängen", berichtet Frank Männle, Önologe und Qualitätsmanager der Winzergenossenschaften Oberkirch, Kappelrodeck und Waldulm. Die Einschätzung des Gesamtschadens ist schwierig, da dieser je nach Höhenlage und Ort variiert. Doch Männle betont: "Keiner kann sich an solch ein Schadensausmaß erinnern." In nicht wenigen Weinbergen kann man von "Totalschädigung" sprechen. Da die Hang- und Steillagen der Ortenau bisher wenig von Spätfrösten betroffen waren, sind auch keine direkten Maßnahmen getroffen worden. Diese sind teuer und brauchen entsprechende organisatorische Vorlaufzeit. "Bei der Art dieses Frostereignisses hätte auch nur eine Beregnung genützt, die für unsere Winzer finanziell in den Weinbergen nicht umsetzbar ist", so Männle. Für die Landesregierung findet der Önologe lobende Worte: "Das Land zeigt, dass ihm die Landwirte wichtig sind. Dass nicht alle Schäden ersetzt werden können, ist jedem Landwirt klar. Dass die Politik aber die Betriebe, die nun in Zahlungsschwierigkeiten kommen, unterstützen wird, ist ein starkes Zeichen."
Auch Matthias Wolf, Geschäftsführer des Weinguts Schloss Ortenberg, ist froh über die Hilfe des Landes. "Aber keines dieser Programme kann den für die Vermarktung fehlenden Wein ersetzten", betont er. Seinen groben Schätzungen zufolge liegen die Schäden in einer Bandbreite von 30 bis 70 Prozent. Vorbeugende und sehr teure Maßnahmen wie Paraffinkerzen, Feuer oder Helikopter hat man keine ergriffen. "Diese hätten bei den sehr kalten Temperaturen von weniger als minus zwei Grad kaum mehr eine Wirkung gezeigt und wären nicht im Kosten-Nutzen-Verhältnis gestanden", erklärt Matthias Wolf. Wie viele seiner Kollegen und Winzer beschäftigt er sich mit dem Thema Pflichtversicherung. "Das wird in unserer Branche intensiv diskutiert. Eine einfache Lösung findet sich hier sicher nicht. Grundsätzlich finde ich geförderte Mehrgefahrenversicherungen, wie sie in Österreich oder Frankreich schon bestehen, eine gute Sache", so Wolf.

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